Abwarten und Tee trinken – die siebte Woche (10.-16.10)

Der Plan für die siebte Woche wäre folgend gewesen:

  • Montag: Karton für Räder, Reisebekleidung und Rucksack besorgen
  • Dienstag: Räder nach Österreich zurückschicken
  • Mittwoch: Fähre nach Marokko nehmen und bis nach Essaouira fahren
  • Rest der Woche: am Strand liegen

Aber wie soll es anders sein, natürlich ist nichts nach Plan verlaufen. Erst am Samstag Abend konnten wir am Strand von Essaouira die Seele baumeln lassen und der Anfang der Woche raubte uns Energie, Kraft und Nerven.

LOS!

Montags sind wir gleich am Morgen voller Tatendrang und mit der Hoffnung, dass wir Radkartons, Rucksäcke und Kleidung bekommen, zum Sportgeschäft Decathlon marschiert. Ohne Rucksäcke und Kleidung, dafür aber mit einem halb kaputten und einen übergroßen Radkarton (besser als garkeine) ging es mit den Kartons am Kopf balancierend zu unserer Unterkunft zurück. Am Weg dorthin kreuzten wir ein Radgeschäft, dass dann doch noch unversehrte und brauchbarere Kartons für uns hatte. Die erste Sache ist erledigt und somit haben wir es auch über das Spielfeld Los geschafft. Jedoch ist auch die Zeit ein gutes Stück vorangeschritten. Zum Mittag teilten wir uns auf, damit wir alles zeiteffizienter erledigen konnten.

Zurück zum Start

Anfangs dachten wir noch, das Verschicken der Räder wird leichter als gedacht. Wir haben uns vorab schlau gemacht und waren uns sicher, wir werden unsere Räder mit dem Anbieter DHL verschicken. Über die Zeit hinweg änderten wir langsam unsere Meinung und mussten unsere Suche an einem Anbieter immer wieder neu beginnen. Warum? Deshalb:

Der näherste DHL Shop, der laut Google nur 200m von uns entfernt war, war schon lange nicht mehr aktiv. Aber kein Grund zur Verzweiflung, denn in Malaga gab es mehrere. Der nächste DHL Shop versicherte mir, dass wir pro Rad 500€ für den Versand zahlen müssen. Ein wenig zuviel Geld für Räder, die schon einiges erlebt haben. Also beginnt die Suche von Neu – zurück zum Start.

Beim nächstgelegenen Postamt sagte mir eine Angestellte, dass das Verschicken von Rädern nach Österreich für ca. 100€ möglich ist, aber nur in spezielle Boxen, die ich mir von der Hauptpost in der Innenstadt abholen könnte. Hört sich gut an – auf zur Hauptpost. Dort angekommen wurde mir gesagt: „Das Verschicken von Fahrrädern ist NICHT möglich“. Mies, aber ganz wahrhaben wollte ich es nicht. Markus stattete der Hauptpost Dienstagmorgen einen erneuten Besuch ab. Aber auch diese Angestellte erwähnte: „Das Verschicken von Rädern nach Österreich ist nicht möglich.“ Zurück zum Start.

Dienstags änderten wir unsere Taktik. Wir klapperten Fahrradgeschäft für Fahrradgeschäft ab und fragten, welchen Versandsanbieter sie verwenden. Leider mit keinen klaren Antworten, dennoch immer wieder mit Tipps. Kurze Zeit später fand man uns in einem Cash Converter Shop wieder – Verzweiflung machte sich breit. 200€ für mein und 125€ für Markus Rad wurden geboten – das Angebot wurde von unserer Seite abgelehnt. Einen augenscheinlich guten Tipp haben wir von einer Fahrradwerkstätte bekommen. Ein Versandanbieter würde unsere Räder für 170€ pro Rad verschicken. Zwar hat die zweite Verkaufsstelle des Anbieters, welche Markus ebenso angefragt hat, verneint, aber das war uns in diesem Moment egal. Wir schnallten die Kartonboxen auf den Gepäcksträger von Markus Rad, nahmen Polsterfolie und Klebeband mit und stiegen aufs Rad. Ein aller letztes Mal traten wir in die Pedale auf dieser Reise. Unglaublich.

Unglaublich war dann auch, dass wir unsere Fahrräder auseinander geschraubt, mit Polsterfolie geschützt und in die Boxen gut verpackt auf die Waage des Anbieters gestellt haben und uns gesagt wurde: Das Verschicken ist nicht möglich. Zurück auf Start.

Planänderung: wir versuchen, die Räder bei dieser Poststation abzusenden, die uns Montag zugesagt hat. Es war Dienstag kurz nach 19:00 Uhr, die Zeit tickt weiter. Das Adrenalin im Blut steigt. Wir haben insgesamt noch 90 Minuten Zeit Kartonboxen der Post zu organiseren, die Räder um- und die Radtaschen zu packen. Werden wir es geschafft haben? Nein. Und warum? Weil mir die Hauptpost sagte, dass die Radboxen, die sie für das Versenden von Rädern haben nur für das Inland zugelassen sind. Keine Radboxen von der Post bedeutet keine Verschicken mit der Post. Zurück zum Start.

Sitzen in Málaga fest

Das ständige von neu beginnen entzieht uns alle Kräfte. Dennoch sind wir kein Stück weitervorangekommen. Es ist Dienstagabend und wir sind wieder am Start.

Bisher sind wir nur von Kleidungsgeschäft zu Kleidungsgeschäft und zwischen Versandsanbieter hin und her gerannt. Sommerkleidung in der Herbstkollektion zu finden ist verdammt schwer und zermürbend, weil wir nicht das finden was unseren Vorstellungen entspricht. Jedoch dürfen wir nicht zu viel an Kleidung shoppen. Unser Weiterreise werden wir mit zwei 30 Liter Rucksäcken antreten und da zählt jedes freie Plätzchen, das für Essen und Trinken verwendet werden kann. Mittwochmorgen packten wir unsere Rucksäcke und begaben uns wiedereinmal auf die Suche nach Versandsanbietern. Diesmal über das Internet, denn am 12. Oktober feiert Spanien Fiesta Nacional de España (Nationalfeiertag) und fast alle Geschäfte haben geschlossen. Es fühlt sich so an als wären wir gefesselt. Eigentlich wollten wir Mittwochs die Fähre nach Marokko nehmen, aber unsere Räder halten uns auf. Sie stehen immer noch verpackt in unserem kleinen Zimmer.

Mittwoch Abend packte Markus die Fahrräder wieder aus. Wir haben auf einer Internetwebsite, die wir von einer Radwerkstätte empfohlen bekommen haben, einen Transport für unsere Räder nach Österreich gebucht. Markus spielt Tetris und versucht auch alle weitere Gepäcksstücke (vorwiegend Radtaschen) in den 160x80x20cm großen Karton zu stopfen. Am Tag zuvor zeigte die Waage, auf der die beiden Boxen standen, 36kg an, nach dem Befüllen mit unseren Dingen, die wir nach Hause schicken wollen, sind wir uns nicht mehr ganz so sicher, ob unsere Angaben bei der Onlinebuchung stimmen. Aber was soll‘s? Solange sie morgen abgeholt und nach Österreich gebracht werden, ist alles gut.

Bitte warten

Laut Transportunternehmen werden die Boxen zwischen 9 und 16 Uhr abgeholt. Auf Nadeln sitzend hofften wir auf eine frühe Abholung, denn wir wollten am Donnerstag noch so weit in den Süden kommen, wie es eben möglich ist. Doch am Ende wurden wir von der Unterkunft ‚rausgeschmissen‘ und wir warteten auf der Straße neben unseren zwei Boxen auf den Abholer. Um halb 2 war es soweit, die Kartons übergaben wir dem Transportunternehmen. Endlich ein Stück vorangekommen, wir stehen nicht mehr am Start. 

Eine gute Stunde später saßen wir im Bus nach Algecircas (der ursprüngliche Plan wäre gewesen nach Tarifa zu fahren, da ab hier direkt Fähren nach Tanger (Marokko) gehen). Von Algecircas werden wir dann eine Fähre nach Tanger med nehmen, das ca. 50 Kilometer entfernt von der Stadt ist. Der Weg zum Fährhafen dauert und dauert. Der Bus hat in allen kleinen Ortschaften gehalten. Als wir eingestiegen sind, hatten wir die Hoffnung die Fähre um 18:00 Uhr zu erwischen, mit diesem Tempo jedoch unmöglich. Ein letztes Mal ärgerten wir uns über die Spanier. Der Frust baute sich bei der Versandsanbietersuche auf, da die Spanier uns mit ihrem „Si, si“ vermittelten alles würde reibungslos funktionieren bis wir schlussendlich auf Unzuverlässigkeit gestoßen sind. Und im Bus nach Algecircas ärgerten wir uns über den Mitarbeiter am Busbahnhof, der uns dieses Ticket verkaufte, obwohl auch um einiges schnellere Busse in die 140 km entfernte Stadt fuhren. Um 20 statt um 18 Uhr verließen wir Europa und kamen kurze Zeit später in Afrika an. Für mich ist es das erste Mal auf einen anderen Kontinent.

Taxifahren in Marokko

Bei der Einreise nach Marokko wurden wir gleich mit unseren Reisepässen ins Office der stationierten Polizeiwache geschickt. Warum? Weil wir noch keinen Einreisestempel erhalten haben. Fast dubios, denn wir zwei waren die einzigen, die vom Schiff runter in einem Dienstwagen zu einem Container gebracht wurden. Nach gefühlt 30 Minuten kam die Frage nach unseren Beruf und die ungute Stille löste sich in Luft auf. Wir dürfen in Marokko einreisen. Am Fährenhafen organisierten wir uns noch Dirhams (marokkanisches Geld) und eine SIM-Karte, um damit im Internet zu surfen. Einstweilen ist die Zeit so weit vorangeschritten, dass keine öffentliche Busse in die Stadt fahren. Ein normales Taxi ist uns zu teuer und somit begeben wir uns auf die Straße. Der SIM-Kartenverkäufer hat uns den Tipp gegeben zur Hauptstraße vorzugehen und auf ein sogenanntes Grandtaxi zu warten. Nach ca. 30 Minuten und einigen misslungenen Autostoppversuchen hielt ein solches Taxi an, nahm uns und fünf weitere Gäste (es war ein 8 Sitzer) mit in die Stadt. Markus und ich teilten uns bis ins nächste Dorf einen Sitzplatz. Eine verrückte und doch coole erste Taxifahrt in Marokko, die in Erinnerung bleibt.

9 Stunden unterwegs

Früh morgens machten wir uns auf den Weg nach Essouira wo wir unseren Strandurlaub verbringen wollten. Freitag war ein kompletter Reisetag. Zuerst nahmen wir den Zug nach Casablanca, um danach in den Langstreckenbus zur Küstenstadt zu steigen. Zwei Stunden Zugfahrt und anschließend fast sieben Stunden Busfahrt – richtig lange also, aber für uns hätte es schlimmer sein können. Während der Fahrten guckten wir aus den Fenstern und verschafften uns einen ersten Eindruck von der Gegend. Schafherden, die herum grasen, nebenbei ein Hirte der schläft, Eseln, die vollbepackt sind und Dörfern, die für uns chaotisch wirken. Zwischendurch konnten wir auch immer wieder unsere Augen schließen und ein Nickerchen machen. In Essouira angekommen, gingen wir durch die Stadt bis zur Medina. Hier in den engen Gassen ist unser Hostel für die Nacht. Jede größere Stadt hat eine songenannte Medina, wir würden Altstadt sagen. Männer stehen mit ihren fahrbaren Marktständen an jeder Ecke und verkaufen Obst, Gemüse, Pfefferminze oder Fisch. Ein reges Treiben, das wir bei marokkanischer Suppe und Msem (eine Art Flade) gefüllt mit Gemüse weiter beobachteten. Die Medina ist laut und voller unterschiedlichen Menschen.

Ab ins Meer 

Am nächsten Morgen erkundeten wir noch die Stadtmauern der UNESCO-Welterbestadt und genossen marokkanischen Pfefferminztee. So gut uns auch Essouira gefällt, wir brauchen Entspannung von den Strapatzen anfangs der Woche. Mit einem Bus fuhren wir aufs Land und quatierten uns im Surfhouse ein. Mit Händen und Füßen versuchten wir herauszufinden, wo und wann der Dorfbus in Richtung Süden starten wird. Letzendlich saßen wir in einem übervollen alten Bus (dieser würde in Österreich keine Straßenzulassung bekommen) zu unserem Ziel. Jedoch gibt es bei der regionalen Bussen keine Haltestellen – sobald du aussteigen möchtest, machst du dich bermerkbar und der Bus hält an. Zwei Kilometer legten wir noch Fuß zurück, um danach im Surfhouse eine nette Bekanntschaft mit zwei Amerikanern zu machen. Alex und Josiah sind wie wir ebenso mit dem Rucksack unterwegs und wollen die Welt bereisen. Doch zu diesem Zeitpunkt wollen wir alle nur eines: ins Meer springen.

Einsamer Strand

Nach dem Sonnenuntergang machten wir fünf, Puppy eine Australierin gesellte sich noch zu uns dazu, es uns im Surfhouse gemütlich und tauschten Geschichten aus. Am Sonntag fuhren wir nach einem köstlichen marokkanischen Frühstück mit Fladenbrot und selbstgemachten Kakao-Honig-Arganöl-Gemisch (schmeckt wie Erdnussbutter) mit Puppy und Alex an einem verlassenen Strand. Ein circa 500 Meter langer Sandstrand erwartete uns. Die einzigen Lebewesen, die wir dort wahrnehmen konnten, war ein Herr auf seinen Esel sitzen mit einem jungen Esel hinterher galoppierend. Das Wasser war klar und kein Müll war im Meer zu sehen. Bei jedem weiteren Mal wo Welle für Welle uns übers Ohr geschwappt ist, vergaßen wir mehr und mehr unsere Sorgen von dieser Woche. Obwohl der Ozean im Vergleich zum Mittelmeer um gefühlt 10 Grad kälter ist, können wir nicht glücklicher sein. Am Abend genießen wir den Sonnenuntergang auf einer Sanddüne auf unserem Haus-Strand und denken uns: endlich angekommen. Schlussendlich haben wir ja doch noch die Räder nach Österreich zurückschicken können und sitzen jetzt hier in Marokko.

Übrigens sind die Wellen hier im Ozean um einiges höher als im Mittelmeer. Perfekt um das Wellenreiter zu lernen. Gleich am Montag wollen wir es unter Anleitung unserer amerikanischen Lehrer wagen und uns mit dem Surfbrett ins Meer begeben und wer weiß, vielleicht werden wir noch richtige Surfprofis.