Liebes Indien… – die elfte Woche (07.-13.11)

14. Nov 2022 | Indien, mit dem RUCKSACK

Indien ist ein kontrastreiches Land. Wie allseits bekannt reicht sich Arm und Reich in großen Städten, wie Mumbai die Hand. Auf unserer Reise fallen uns immer wieder zwei weitere Aspekte auf: Obwohl in Indien die besten Informatiker/-innen sitzen, funktioniert ihr Online-Zugticketbuchungssystem nur eingeschränkt. Da verliere besonders ich des öfteren die Nerven. Aber nicht nur die Ticketbuchung ärgert uns. Überall wo wir hingehen liegt Müll. Und wenn zu viel rumliegt, verbrennen sie den Müll. Das riechen wir dann schon von Weitem. Doch auch hier versucht die Regierung, ganze Organisationen oder Einzelpersonen ein gutes Vorbild zu sein und ein umweltbewusstes Denken der Einheimischen zu erreichen.

Hampi

Montagmorgen erkundeten wir im Laufschritt weitere Tempeln und historische Gebäude von der UNESCO-Welterbestätte Hampi. In der Früh wo noch keine anderen Touristen unterwegs sind, haben wir das weitläufige Gebiet für uns alleine. Danach stärkten wir uns in einem Frühstückslokal. Angefangt von der Oma bis zum 12-jährigem Bub arbeiten alle morgens mit, um die Einheimischen zu bewirten. Vier Frühstücksgerichte stehen auf ihrer Speisekarte. Wir aßen einmal die komplette Speisekarte. Bei den guten Speisen können wir uns garnicht entscheiden, ob wir nun Puri (frittierter Teig) mehr mögen als das beliebte südindische Gericht Masala Dosa. Anschließend saßen wir mit vollem Magen auf der Terrasse unserer Unterkunft bis uns eine Horde von Affen überfiel. Am Anfang fanden wir es noch lustig, dass ein Affe mit sich selbst im Spiegel gekämpft hat, aber als uns ein anderer Affe anpfauchte, schoss unser Puls in die Höhe. Wir flüchteten. Doch auch unten auf der Straße waren wir nicht ganz sicher. Die Affenherde sprang von Haus zu Haus und lauerte auf den Dächern. Nach einigen Minuten haben sie dann Gottseidank das Interesse an uns verloren. Sie waren jetzt damit beschäftigt die Terasse unserer Unterkunft zu verwüsteten. Jedoch wissen die Einheimischen besser mit Affen umzugehen. Sie schrien und trommelten herum und schon zog die Horde wieder weiter. Auch wir sind am Montag weitergezogen. Wir verließen das Zentrum von Hampi, überquerten einen Fluss und fuhren anschließend mit Devi, einer 19-jährigen Inderin hinten am Moped zu ihrem Zuhause. Ihre Mutter räumte ihr Schlafzimmer und überlies es uns für zwei Nächte, während sie mit ihren drei Töchtern im Nebenzimmer schlief.

Nachmittags gingen wir mit der Hoffnung uns im Wasser abkühlen zu können zum See, der jedoch von Krokodile bewohnt wurde. Unsere Badekleidung blieb trocken. Während wir weiter die Gegend erkundeten, hat Devi 365 Kerzendochte gedreht. Sie erklärte uns, dass jede Frau an diesem Tag 365 Kerzendochte produzieren müsse, um weiterhin jeden Tag im Tempel einen Docht anzünden zu können. Den Tempel besuchten wir bevor wir mit der ganzen Familie am Boden unser Abendessen verspeist haben. Devis Mutter und ihre Nachbarinnen zündeten ihre Kerzendochte und Räucherstäbchen an, sprachen ein Gebet und teilten mit uns ihre Opfergabe. Der süße Milchreis war eine gute Vorspeise zum scharfen Curry von Devi.

Chasing the sunset

Devi ist eine gute Köchin. Generell ist sie sehr bemüht und fleißig. Jeden Morgen wäscht sie in aller Früh die ganze Schmutzwäsche und putzt das Haus, während ihre zwei Schwestern zur Schule gehen. Devi selbst macht gerade eine Ausbildung zur biomedizinischen Analytikerin und verdient sich und ihrer Familie mit dem Homestay ein bisschen Geld dazu. Wir fühlen uns bei ihnen wie zwei Familienmitglieder, deshalb sind wir froh noch eine weitere Nacht hier zu verbringen.

Die heiße Mittagszeit nutzen wir um zu recherchieren. Das Planen unserer Weiterreise beansprucht viel Zeit und hin und wieder Nerven. Zwischendurch stärkten wir uns mit einem Dal Fry (=Reis mit indischer Soße). Als Nachspeise wollten wir eigentlich unsere Bananen verspeisen, jedoch war ein männlicher Affe geschickter als wir. Als wir in ein Gespräch vertieft waren, schlich er sich von hinten an und fladerte unseren Sack voller Bananen. Sichtlich enttäuscht gingen wir nochmals zum Obststand einer älteren Dame und aßen eingeschüchtert unsere Bananen im verschlossenen Zimmer. Und als es kurz vor fünf Uhr wurde, machten wir uns zu unserem Sonnenuntergang-Aussichtspunkt auf. Geplant hatten wir eigentlich, dass wir mit einem lokalen Bus ein Stück östlicher fahren. Jedoch nahm uns keiner der fünf Busse mit. Die Busse waren wie wir es schon von der Zugfahrt in Mumbai kennen gesteckt voll. Keine Chance für uns nur irgendwie in den Bus reinzukommen. Kurzerhand wählten wir einen anderen Aussichtspunkt für den Sonnenuntergang. An den vorherigen Tage in Hampi sahen wir jeden Tag die Sonne beim Untergehen, doch der Sonnenuntergang auf diesem Berg war besonders schön. Am höchsten Punkt des Berges saßen wir am Abgrund und stauten über die Landschaft. Von dort oben hatten wir eine weite Sicht auf die unterschiedlichen Gebiete. Ganz rechts sahen wir die typischen Felsformationen von Hampi, in der Mitte Reisfelder und links von uns sprossen rund um einen Fluss grüne Bäume und Pflanzen aus dem Boden.

Devi Homestay

Der Mittwoch startete mit einer grünen Dosa mit Kokosnusschutney und selbstgemachten Chai. Wir können es nicht oft genug erwähnen wie gut das Essen hier ist. Wir genießen die Zeit in Hampi in vollen Zügen. Schöne Landschaften umgeben uns, Affen besuchen uns auf der Terrasse und bei Devis Familie bekommen wir einen authentischen Einblick in ein indisches Familienleben. Heute Abend werden wir die Familie auch schon wieder verlassen, denn wir haben Züge gebucht, die uns ganz in den Süden bringen werden. Nach einem letzten indischen Abendessen von Devi bestiegen wir einen Local-Bus, der uns in ein größeres Dorf brachte. Die jungen Einheimischen in diesem Bus waren erstaunt: Was macht ihr hier? Von wo kommt ihr ursprünglich? Und zu guter Letzt, was ist euer Instagramname?

Nach einer 50-minütigen Busfahrt, die unseren Allerwertesten ordentlich durchgeschüttelt hat, sind wir im größeren Dorf angekommen. Von dort fuhren wir in einem Kleintransporter vorne am Beifahrersitz bzw. über dem Ganghebel sitzend in die Stadt. Wir beide haben im Vergleich zu den anderen Fahrgästen einen angenehmen Sitzplatz. Hinten auf der Ladefläche nahmen soviele Personen Platz, wie möglich. Nach einigen Kilometern waren wir dann aber auch schon an unserem Ziel. Am Bahnhof von Hospete stiegen wir um ca. 9 Uhr abends in einen Schlafzug ein und schliefen gleich ein.

Alles einsteigen bitte

Morgens aufgewacht, waren wir beide erstaunt, wie gut wir geschlafen haben. Erholt kamen wir morgens in der Stadt Mysore an und machten uns auf den Weg in die Innenstadt. Unsere Mägen knurrten und wollten mit feinster Masala Dosa gefüllt werden. Das Lokal, das uns ein Tuk-Tuk Fahrer empfohlen hat, war erstaunlich gut. Wir aßen nicht nur eine Masala Dosa, sondern auch Zwiebel Dosa, Puri, Idly und was uns sonst noch anlachte. Dem Tuk-Tuk Fahrer war es anscheinend nicht zu mühsam, vor dem Essenslokal zu warten. Er bot uns an uns zum günstigen Preis zu einer einzigartigen Räucherstäbchen-Manufaktur zu fahren. Wahrscheinlich ein Scam (=Betrug). Wir trauen der ganzen Sache nicht ganz und besuchen stattdessen lieber das Eisenbahnmuseum. Mit leuchtenden Kinderaugen saßen wir auf diversen Zugsitzen. Doch ein Highlight war definitiv die kleine Zugfahrt rund um das Museumsgebiet. Herzhaft lachten wir während der Lokführer das Zugsignal gab und winkten den kleinen Kindern, die auf die Zugfahrt warteten zu. Danach entspannten wir im angeschlossenen kleinen Park. Doch leider mussten wir auch wieder weiter. Unser Besuch in Mysore ist zu Ende und wir steigen kurz nach Mittag in den nächsten Zug ein. Diesmal gehts ganz weit runter in den Süden. Der Bundesstaat Kerala soll laut vielen anderen Reisenden besonders naturnah sein. Genau das was wir brauchen.

Samosa, Samosa, Samosa,… Chai, Chai, Chai,… Egg Biryani, Egg Biryani, Egg Biryani,… wird durch den Zug geschrien. Essensverkäufer laufen durch die Abteile und verkaufen vom Chai bis zu Nachspeisen alles. Für uns gibt es aber nur abgepackte Chips. Wir trauen uns im Zug keine Lebensmittel zu konsumieren. Denn wir wissen nicht, wann sie und unter welchen hygienischen Bedingungen sie produziert wurden. Doch in indischen Zügen braucht sich keiner Sorgen zu machen, dass er/sie verhungern würde. Langstreckenzüge machen zu den Essenszeiten eine kurze Pause. Am Bahnhof kann man sich etwas kaufen oder so wie wir es machten, einfach sein Essen über eine App in den Zug bestellen.

Nach über 30 Stunden am Ziel

Am nächsten Morgen stiegen wir von dem Langstreckenzug ab und in einen regionalen Zug ein. Bei dieser kurzen Fahrt probierten wir die billigste Klasse aller Zugklassen aus. Und im Prinzip ist es nicht viel anders wie sonst wo in Indien. Wer es gerne kuschelig mag, ist hier bestens aufgehoben. Auf einer Bank wo normalerweise vier Personen sitzen, quetscht sich üblicherweise eine fünfte oder sogar sechste Person dazu. Da hat sich der Jugendliche, der oben auf der Gepäckablagefläche liegt schon einen deutlich „freieren“ Platz ausgewählt. Nach über 30 Stunden Zugfahren sind wir an unserer Endhaltestelle. Für uns geht es zu Fuß zu unserem Hostel und gleich unter die kalte Dusche. Herrlich.

Am Abend besuchten wir einen Tempel. Männer im typischen Keralarock musizierten im Inneren des Haupttempels während wir die kleineren Tempeln der Götter besichtigten. Die fröhliche Musik begleitete uns aus dem Tempel hinaus und zum nächsten Restaurant. Überbackene Bananen gab es für uns noch als Nachspeise. Bevor wir zum Tempel gingen, klapperten wir Hostel für Hostel ab. Wir waren auf der Suche nach einer Unterkunft für die nächsten Nächte. Ganz zufrieden waren wir mit unserem bisherigen Hostel leider nicht. Die Raumluft war den ganzen Tag über schon feucht-muffig und in der Nacht wachten wir von den stark juckenden Moskitosstichen alle paar Stunden auf.

Tanzen auf indisch

In der Früh haben wir unsere Sachen gepackt und sind ins andere Hostel, für das wir uns entschieden haben, gezogen. Dort angekommen lernten wir gleich Jo kennen. Jo kommt aus Indien und ist die letzten elf Monate in seinem Elektro Tuk-Tuk durch jeden Bundesstaat in Indien gefahren. Er dokumentiert alles mit und möchte damit einen einzigartigen Weltrekord aufstellen. Auch wir beide durften mit ihm und Sweta, ebenso eine reisende Inderin, im Tuk-Tuk fahren. Das Ziel war ein ruhiges Plätzchen. Den abgelegenen Strand hatten wir alleine für uns. Nach langer Zeit sprangen wir wieder Mal ins Meer. Bei dem starken Wellengang haben wir uns die Seele aus dem Leib gelacht.

Nach dem ausgiebigen Strandbesuch haben uns Sweta und Jo noch mehr in die indische Kulinarik eingeführt. Es waren auch uns noch unbekannte Früchte dabei, wobei sich die beiden einen kleinen Spaß erlaubten. Bei der grünen Kugelfrucht verzogen wir beide das Gesicht. Jo und Sweta lachten über unsere lustigen Grimassen. Doch noch mehr gelacht haben wir am Abend. Gemeinsam tanzten wir zu indischer und österreichischer Musik. Zuerst lernten wir den Hostelbewohner/-innen den Boarischen. Nachdem waren wir die Lernenden. Jo und Sweta zeigten uns allerhand Tanzschritte und am Ende schwangen wir unsere Hüften alle zusammen zu einer Bollywood Choreografie. Der Abend war einer der besten bisher. Wir tanzten und feierten, sprachen über Verschiedenheiten zwischen den Ländern und hatten richtig Spaß.

Das laute Indien

Vor Sonnenaufgang sind wir auf, um ihn vom Strand aus zu sehen. Wir dachten wir hätten den Strand für uns in aller Früh alleine, aber es war Sonntag. Gläubige wuschen ihre Kleider im Meer und führten ihre Gebete am Strand durch. Kerzen und Blumen waren überall zu sehen. Vom Trubel am Strand brauchten wir zuerst ein bisschen Ruhe. Yoga soll uns dabei helfen. Damit wir das richtige indische Yoga lernen, nahmen wir eine Stunde in unserem Hostel. Dort lernten wir wie wir beim Praktizieren von Yoga richtig stehen und uns bewegen sollten. Darüber hinaus merkten wir auch, dass wir an unser Beweglichkeit der Hüft- und Schultergelenke arbeiten müssen.

An einer Sache müssen wir ebenfalls noch arbeiten: Irgendwie fühlen wir uns in Indien nicht zu 100%-ig wohl und denken dabei öfters an Zuhause. In dem Hostel, in dem wir wohnen, lernen wir coole inspirierende Leute kennen und haben genug Freiraum, uns zurückzuziehen. Jedoch finden wir auch hier kein ruhiges Plätzchen. Von der Straße hören wir andauernd hupende Autos und Tuk-Tuks. Somit kommen wir nie wirklich zu Ruhe und denken uns manchmal: Was machen wir eingentlich hier? Zuhause wäre es ja auch schön…