Wir sind am Ende – die 16. und 17. Woche (12.-25.12)
Am Ende? Ja und Nein. Wir haben unsere Pläne über Bord geworfen und nun ganz neue Vorstellungen von den nächsten Monaten. Aber dazu später mehr, denn zuerst möchten wir euch von unserem Besuch im buddhistischem Kloster und von den Tagen in Pai, einer kleinen Stadt im Norden erzählen.

Markus wird ein buddhistischer Mönch
Derzeit sind wir in Chiang Mai. In der zweitgrößten Stadt Thailands fühlen wir uns sehr wohl. Die vielen buddhistischen Tempeln ziehen unsere Aufmerksamkeit an und eine Garküche mitten in einem Markt verköstigt uns mit bestem nordthailändischen Essen. Wir schlendern durch die Altstadt und saugen den Flair der Stadt auf. Um jedoch noch mehr in die nordthailändische Kultur einzutauchen, entscheiden wir uns, die kommenden Tage in einem buddhistischen Kloster zu verbringen. In der Beschreibung im Internet stand, dass wir in den Buddhismus eintauchen und den Alltag der Mönche hautnah miterleben werden. Das heißt wir werden, wie die Mönche, unseren Fokus auf uns richten und viel Zeit der Meditation widmen. Zudem wird es nicht erlaubt sein nach 13 Uhr etwas zu essen und die Glocken des Tempels werden uns um 5 Uhr wecken. Allerdings erhielten wir kurz vor Beginn des Meditationsretreats die Nachricht, dass es nicht möglich sein wird von der Stadt raus zum Kloster zu fahren, um dort zu übernachten. Nichtsdestotrotz machte unser spiritueller Begleiter Phra (=Mönch) KK die Zeit in der Tempelanlage zu einer besonderen. Am ersten Tag lernten wir die Grundzüge des Buddhismus. 227 Regeln befolgen buddhistische Mönche tagtäglich, damit sie die Balance in ihrem Leben finden. Phra KK erklärt uns, dass der Buddhismus eher eine Art von Lebensweise ist, als eine Religion, so wie wir sie kennen. Im Buddhismus gibt es keine/n Gott/Götter, den/die sie anbeten, sondern ihr Anhaltspunkt ist Buddha. Buddha hat erkannt, dass er mehr leidet, je mehr materielle Dinge er besitzt und Gedanken er hat. Deshalb stellte er Regeln für ein ausgeglichenes Leben ohne Leid auf. Mit seiner Lebensweise erreichte er mit dem Tod die Vollkommenheit und Reinheit seines Geistes, nachdem alle Buddhisten streben. Einige dieser Strebenden durften wir hautnah kennenlernen. Am Nachmittag besuchten uns einige Mönch-Studenten. Sie wurden von unserer Gruppe mit Fragen von „Was hat euch dazu bewogen Mönch zu werden?“ bis „Masturbieren Mönche?“ gelöchert.

Dadurch, dass die Meditation einen wesentlichen Teil des Buddhismus beiträgt, hat Phra KK uns vier einfache Varianten einer Meditation gelehrt. Für uns war es anfangs nicht leicht die Leere und das Langsame auszuhalten, doch mit der Zeit gewöhnte ich mich an das Leer-Sein im Kopf. Markus hatte dabei größere Probleme (er ist ein Denker). Zwischen dem Praktizieren der verschiedenen Meditationen spazierten wir mit Phra KK über das Gelände der Tempelanlage. Er zeigte uns die wichtigsten Ecken und Plätze einer Tempelanlage mit viel Hintergrundwissen. Obwohl wir der Übernachtung im Kloster ein wenig nachtrauern, hat Phra KK das Beste aus der Situation gemacht und uns viel Wissen mitgegeben.

Harter Aufstieg zum Tempel
Durch den regen Austausch mit anderen Teilnehmer/-innen des Meditationsretreats haben wir uns am Donnerstag auf den Weg zum bedeutendsten Tempel in Chiang Mai gemacht. Der Wat Phra That Doi Suthep (so heißt der Tempel) liegt außerhalb der Stadt auf einen Berg. Die Wanderung dorthin war steil und deshalb anstrengend, jedoch auch sehr lohnend. Zu Beginn der Wanderung streiften wir durch Regenwald und kreuzten kurze Zeit später einen anderen Tempel. Diese Tempelanlage liegt idyllisch gelegen und bieten uns einen Blick auf die Stadt Chiang Mai. Nach weiteren 1,5 Stunden kamen wir dann zum besagten Tempel. In der vergoldeten Kuppel, vor der wir posen, ist eine Reliquie des Buddha enthalten.

Abends organisierten wir uns mit Müh und Not noch ein Busticket zur Stadt Pai. Geplant wäre jedoch gewesen mit einem in Chiang Mai gemieteten Moped anstatt mit dem Bus die Strecke zu fahren. Doch wie soll es anders sein? Unsere Pläne gehen nie auf. In Chiang Mai sind zur Zeit die Mopeds sehr gefragt. Einerseits weil gerade alle Thailandtouristen den Süden meiden, da das Wetter nicht ganz der Trockenzeit entspricht (kommt uns bekannt vor). Und andererseits, da die Mopedvermietungen sich noch nicht von den Auswirkungen der Coronakrise erholt haben und deshalb noch eine abgespecktes Angebot an Mopeds haben. Zum Glück haben wir aber ein Busticket (die letzten zwei für den drauffolgenden Tag) ergattern können. Somit heißt es für uns Abschied von der Stadt Chiang Mai nehmen (wenn auch nur kurz). Bei bester Livemusik genießen wir noch einmal die entspannte Stimmung der Stadt.
Pai – die Stadt für Backpacker
Die Kombination von thailändischen Autofahrern und 762 Kurven bei einer vier Stunden Busfahrt machten unseren Mägen ein wenig zu schaffen. Doch als die Sonne unterging und wir im Auto sitzend das Farbenspiel beobachten konnten, schauten wir absichtlich nicht nur nach vorne, sondern bestaunten unsere immer dünkler werdende Umgebung. Ganz in Trance (vom schönen Sonnenuntergang) stiegen wir aus. Ruhe? Ein Fremdwort hier in der Innenstadt. Hier tanzen junge Backpacker/-innen am Nachtmarkt durch die Gassen. Der tägliche Nachtmarkt ist im Gegensatz zum Sonntagsmarkt in Chaing Mai unspektakulär, füllt aber dennoch unseren Magen.
Um die schöne Natur in der Umgebung zu entdecken, wollten wir einen Tag nach unserer Ankunft einen Roller mieten. Allerdings ist die Lage nicht viel anders als in der Stadt Chiang Mai. Es gibt keinen freien Roller für uns. Somit beschließen wir kurzerhand eine Wanderung zu einem Wasserfall zu machen. Gleich zu Beginn des Wanderweges verloren wir den Weg auch wieder, dieser mündete in einem Bach. Zwei ambitionierte Wanderer ließen sich davon nicht abhalten und rannten ohne Verluste gegen den Strom des Baches. Nachdem wir uns unsere Schuhe ausgezogen und unsere Hosen hinaufgestrickt haben, machten wir es ihnen mit ein wenig Wehmut nach. Dass sich das An- und Ausziehen unser Schuhe noch weitere gefühlte 100 Mal wiederholen wird, war uns zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst. Somit beschloss Markus nach zwei Stunden umzudrehen. Ich wollte noch nicht aufgeben und ans Ziel, dem Wasserfall gelangen. Mit zwei deutschsprachigen Burschen bin ich noch weitere zwei Stunden durch Bach und Wald gewandert. Wir drei waren, wie auch Markus kurz vor der Entscheidung umzudrehen. Uns drang die Zeit, denn uns war bewusst, dass wir ja auch denselben Weg wieder zurücklegen müssen. Im Dunklem zurück zu gehen war für uns keine Option, doch wir glaubten fest daran, dass der Wasserfall nicht mehr weit entfernt sei. Gottseidank, bewahrheitete sich diese Vermutung. Und der Anblick des Wasserfalls entschädigte uns auf jeden Fall. Nach kurzer Rast gings aber dann auch schon wieder weiter, wir wollten ja nicht im Dunklem zurückwandern.

Touristenattraktion über Touristenattraktionen
Am nächsten Tag hatten Markus und ich auch bei der Mopedmietung ein wenig mehr Glück. Wir saßen beide kurz nach 8 Uhr auf unserem Transportmittel und düsten ins ländliche Gebiet. Dort gibt es prinzipiell allerhand zu sehen, nur leider wird vieles durch uns Touristen „verschandelt“ (=unschön gemacht). Doch eine dieser Touristenattraktionen hat uns wirklich gefallen. Zwar auch erst dann wie wir aus den Menschenmassen geflohen sind. Seht am besten selbst:
Unglaublich, oder? Ein Canyon mitten in Nordthailand. Uns hat das Herumkraxeln auf alle Fälle gefallen. Abends besuchten wir noch eine große weiße Buddha Statue. Eigentlich wollten wir von hier oben uns den Sonnenuntergang ansehen, nur leider hatten wir in der Zeit wo wir in Pai waren mit dem Wetter nur bedingt Glück. Die Sonne versteckte sich immer hinter vielen Wolken. Somit bleibt das großartige Farbenspiel im Bus unser einziger prächtiger Sonnenuntergang in Pai. Apropo Bus – am drauffolgenden Tag fuhren wir wieder die 762 Kurven nach Chiang Mai zurück. Eigentlich hätten wir noch eine weitere Nacht in Pai verbringen können, jedoch hatten wir beide ein gesättigtes Gefühl und wollten zurück nach Chiang Mai.
Massage und die Klänge vom Ditscheridu
In Chiang Mai ließen wir es uns nochmal gut gehen. Wir buchten eine thailändische Massage und was sollen wir sagen: Die Thailänder/-innen können das Massieren. Markus Hüfte wurde ordentlich durchbewegt und auf mir stand meine Masseurin und knetete mit ihren Füßen meinen ganzen Körper durch. Wir sind völlig entspannt.

Die Erlebnisse in Chiang Mai sind auch deshalb so gut geworden, da wir zwei wunderbare Menschen kennenlernen durften. Einige Nächte verbrachten wir im Paapu House und ihre Besitzer nahmen uns wie Familienmitglieder auf. Den wirklich letzten Abend ließen wir mit ihnen bei guter live Jazz- und Ditscheridu-Musik ausklingen.
Auf nach Bangkok
Unsere letzten Tage in Thailand sind nun angebrochen. Chiang Mai liegt hinter uns und wir sind in die Hauptstadt Bangkok geflogen. Diese Stadt hat es in sich. Es tut sich immer was und langweilig wird einem hier nie, denn es gibt soviel zu sehen. Deshalb sind unsere kommenden zwei Tage mit Programm vollgestopft. Als wir in der Innenstadt (wir benötigten einige Stunden um vom Flughafen zur Innenstadt zu gelangen) endlich angekommen sind, verschafften wir uns einen Überblick in der Altstadt und spazierten am Grand Palast vorbei. Abends wagten wir uns in die China Town mit der Hoffnung, dass wir gutes vegetarische Frühlingsrollen oder Gyosa bekommen. Nur leider bevorzugen die Chinesen lieber gebratene Hühnerkrallen. Lecker. Mit fast leerem Magen (eine vegetarische Frühlingsrolle haben wir gefunden) machten wir uns dann zum Rotlichtviertel auf. Thailand oder besser gesagt Bangkok ist für den Sextourismus bekannt. Wie das Ganze so abläuft am Plaza Nana oder in Soi Cowboy wollten wir selbst mit eigenen Augen sehen. Fast unbeeindruckt zogen wir dann spät abends zur Khoa San Road. Dort war es außer laut, laut.
Der letzte Tag
Frühmorgens brachen wir dann zu unserem nächsten Programmpunkt auf. Wir besuchten einen untouristischen kleinen Markt, wo wir noch ein paar Einkäufe für die bevorstehenden Tage absolvierten. Danach packten wir so langsam unsere Sachen zusammen und begaben uns ein letztes Mal durch die Stadt. Das letzte Mal aßen wir Pad Thai (Nationalgericht), guckten uns in einem Tempel um und schlürften den von uns gekürten besten Smoothie der Welt. Auf der Reise zum Flughafen saugten wir zum letzten Mal den Großstadtflair ein und bestaunten die Hochhäuser Bangkoks.

Alles geprägt von „das letzte Mal“. Das vorletzte Check-in am Flughafen war vielleicht ein wenig komplizierter wie die Male davor, doch die Ausreise aus Thailand hatten wir uns bestimmt anders vorgestellt. Das Boarding unseres Flugs startete in wenigen Minuten und wir stellten uns an einer elendslangen Schlange hinten an. Es liegt ein so wichtiger Flug vor uns und gerade jetzt kann es uns passieren, dass wir ihn nicht erreichen? Ungünstiger Zeitpunkt.
Eigentlich waren wir schon früh genug (2,5 Stunden vor Abflug) am Flughafen, doch ich trödelte vielleicht ein bisschen. Meine Pflicht war es nunmal meine Essenspakete geschickt zu verstauen, dass sie mir nicht beim Check-in gleich abgenommen werden. Aber das bekamen wir jetzt bitter zu spüren. Die Uhr tickte. Die Schlange bewegte sich zwar vorwärts aber für uns zu langsam. Kurzerhand schilderte ich einer Ausreisebeamtin unsere Situation und sie ließ uns in Anbetracht des schon gestarteten Boardings die lange Schlange überspringen. Kop khun khrap (=Danke).
Wohin fliegen wir eigentlich?
Unser Flugzeug wird von Bangkok abheben und in Doha (Katar) landen. Dort verbringen wir 10 Stunden und steigen dann in ein Flugzeug, dass in Wien landen wird, ein.
Bitte was? Ja, ihr habt richtig gelesen. Unser kleines Abenteuer hat ein Ende. Vor zwei Wochen auf der Insel Koh Lanta haben wir uns gemeinsam dazu entschieden, einen Flug nach Wien zu buchen und unsere Familien zu Weihnachten zu überraschen. Uns fehlt es an nichts hier. Unsere Zeit ist gefüllt mir neuen Abenteuern, netten Bekanntschaften und unglaublich schönen Gegenden. Doch irgendwie vermissen wir die Gefühle, die wir zu Beginn unserer Reise hatten. Das Radfahren von Österreich nach Spanien hat uns spüren lassen, was wir beide aus eigener Muskelkraft bewirken können, welche schönen und von uns noch unentdeckte Ecken es in Europa gibt und welche Glücksgefühle in einem hochkommen, wenn man zurück auf seinen Weg blickt. Das Rucksackreisen hat viel Organisation und Entscheidungskraft von uns gefordert und wir waren letztendlich zwei von vielen Reisenden/Touristen. In vielen Regionen versuchten wir mehr in die Kultur einzutauchen und den Menschen näher zu treten, um eben das Image als „Tourist“ zu verlieren. Doch nur schwer gelang es uns diese Bezeichnung abzulegen. Uns war die Bezeichnung als Radreisende schlichtweg um einiges lieber.
Und was jetzt?
Am 23. Dezember werden wir in Österreich gelandet sein. Den heilig Abend und die Tage danach werden wir mit unseren Familien und Verwandten verbringen. Und nachdem wir selbst ein wenig zu Ruhe kommen, werden wir uns Gedanken über unsere Zukunft machen. Uns sind schon viele Ideen durch den Kopf gegangen: Radfahren in winterlichen Verhältnissen, Radfahren in sommerlichen Verhältnissen, Skifahren in Bulgarien, Skitourengehen in Albanien. Sogar Arbeiten ist uns in den Sinn gekommen. Bis zu unserem Abflug und auch Tage danach hatten wir aber selbst noch keine Ahnung was in einem Monat sein wird. Wir lassen uns überraschen was uns noch so in unseren Köpfen herumspukt und vielleicht könnt ihr ja in ein paar Wochen Blogbeiträge vom Radfahren in der Antarktis hier lesen. Doch zuerst möchten wir euch noch unsere Ankunft schildern.
Daheim ist daheim!
Das zünftige „Grias di“ der Polizistin bei der Einreise ließ keinen Zweifel offen: Wir sind nun wirklich wieder in Österreich. Bei klirrender Kälte sind wir zu unseren zwei Freunden, Viktoria und Philip, gefahren. Dort angekommen machten uns die beiden noch weiss: Heute ist es wirklich warm. Für asiatische Verhältnisse auf keinen Fall.

Mit den Beiden tratschten wir bis spät in die Nacht und genossen diese Quality Time (=schöne Zeit). Am Morgen des Heilig Abends telefonierte ich dann noch mit meiner Mama. Ich machte ihr weiß, dass ich aber jetzt dann auch schon langsam aufhören müsse, denn in Thailand ist es nun kurz vor 6 Uhr und Markus und ich werden zu einem der extra veranstalteten Heilig Abende in einem Restaurants gehen. Ja – so hätte unser Heilig Abend in Thailand aussehen können. Währenddessen spazierten Markus und ich aber zum Weihnachtsmarkt am Karlsplatz in Wien, um dann festzustellen, dass auch dieser schon in besinnlicher Weihnachtsstimmung ist (der Weihnachtsmarkt war geschlossen). Nachdem wir uns immer mehr auf die winterlichen Temperaturen eingestellt hatten (man merke an, dass es an Heilig Abend 2022 +10 Grad warm war), packten wir unsere Rucksäcke und fuhren zur Mama vom Markus und ihrem Freund Rudi. Markus begrüßte sie mit dem Spruch: „Oh tut uns leid, wir sind ein bisschen früh dran“ (die Verwandten von Markus trafen sich um halb 6 bei Markus Mutter und Rudi). Die Beiden konnten ihren Augen nicht trauen. Sind wir es wirklich? Auch die weiteren Gäste musterten uns zweimal. Was machen wir hier?
Gemeinsam feierten wir ein besinnliches Weihnachten mit schönen Stunden mit Markus Familie. Am nächsten Morgen machten wir uns früh auf und fuhren mit dem Auto nach Laussa. Dort angekommen schmiss ich mich gleich ins Stallgewand und überraschte meine Eltern bei der täglichen Stallarbeit. „Hallo Mama!“ – meine Mutter sah sich um, glaubte aber ihren Ohren nicht. Ich rief ein zweites Mal „Hallo Mama!“. Sie sah mich und nahm mich in den Arm. „Ist alles gut? Was machst du hier?“. Die Freudentränen liefen mir übers Gesicht „Ja Mama, wir möchten Weihnachten mit euch feiern.“