In der Natur von Südindien – die zwölfte Woche (14.-20.11)

21. Nov 2022 | Indien, mit dem RUCKSACK

Wir sind im Bundesstaat Kerala angekommen. Es ist die Heimat von unzähligen Vögeln, Affen, Elefanten und Schlangen. Einige der Tiere treffen wir auch auf unserer Reise. Ob wir wollen oder nicht.

Die dreckige Wahrheit

Zu Wochenbeginn verbrachten wir noch eine Nacht in Varkala am Strand. Diese Region ist berühmt für den Yogatourismus. Leute aus allen Ecken der Welt kommen hier her um eine fundierte Ausbildung zum Yogalehrer/-in zu erhalten. Wir beide schnupperten Tage zuvor Yogaluft und versuchten seitdem unsere Hüft- und Schultergelenke geschmeidiger zu machen. Zwischendurch stärkten wir uns mit süd-indischem Essen, planten unsere letzten Tage in Indien und forderten uns beim Tischtennisspielen heraus. Und nachmittags war die Wolkendecke Grund genug (=keine Sonne, gefühlt halb so heiß) für mich einen ausgiebigen Spaziergang am Strand zu machen. Vom Hostel weg ging ich nördlich in weniger touristische Gebiete. Unschwer an den Mülldeponien direkt unten am Meer zu erkennen. Der alltägliche Müll wird über die Klippe hinunter ins Meer geschmissen. Und dort bleibt er liegen. 

Im Hostel angekommen, regnete es kurze Zeit später. Der erste Regen, den wir in Indien mitbekommen. Die Regentropfen prasselten heftig auf den Aludächern und machten ordentlich Lärm. Der Strom im ganzen Ort fiel immer wieder aus. Draußen, sowie innen, war es nun ganz dunkel. Zeit um uns ins Bett zu kuscheln.

Daily Business: Sonnenuntergang ansehen 

In der Früh fuhr ich mit einem rostigen Fahrrad in die Stadt um Bargeld zu holen. Ein paar Minuten dauerte es bis ich mich auf den schiefen Lenker, das Schleifen des Reifens und auf die abgenutzten Bremsbeläge eingestellt habe. Und als ich mit 8.000 indische Rupien in der Tasche wieder im Hostel war, packten wir unsere Taschen, bezahlten und spielten noch ein letztes Tischtennismatch. Die Ergebnisse sagen deutlich, dass ich noch mehr üben muss, damit ich Markus irgendwann Mal besiegen kann.

Wir haben in den letzten Tagen genug Strandluft eingeatmet. Für uns ist es Zeit weiter zu ziehen. Viele Reisende sprachen im Hostel von einer wunderschönen Insel namens Munroe Island im Landesinneren. Eine Insel im Landesinneren? Das müssen wir sehen. Nach ein paar Stunden Reise konnten wir es uns bei unserer Unterkunft gemütlich machen. Kurz vor Sonnenuntergang gingen wir los und erreichten rechtzeitig zum Untergang eine Zugbrücke über einen Fluss. Von dort oben konnten wir ein weiteres Mal die Sonne beim Verschwinden beobachten. Doch jedes Mal lässt sie uns staunen. Hier in Asien sind die Sonnenuntergänge rötlicher, kräftiger, schöner.

Munroe Island

Das Besondere an diesem kleinen Ort ist, dass er von ganz vielen Flüssen und Kanälen, sogenannten Backwaters, umgeben ist. Als richtige Insel würden wir Munroe Island nicht bezeichnen, denn wir sind mit dem Festland verbunden, dennoch ist sie mindestens genauso schön wie eine richtige Insel. Am Mittwochmorgen erkundeten wir den Ort vom Wasser aus. Zu Sonnenaufgang paddelten wir mit unserem Kajak zuerst den großen Fluss und danach einen Kanal zu einem See hinauf. Die Sonne beim Aufgehen konnten wir nicht betrachten, da der Himmel mit Wolken bedeckt war, aber trotzdem haben wir die Fahrt sehr genossen. Und nachdem wir die anfänglichen Schwierigkeiten (das Kajak fuhr nicht in die Richtung in die es fahren hätte sollen) überwunden haben, waren wir richtig flott unterwegs und meisterten sogar den geschlungenen, engen Kanal bravourös. Nach einer guten Stunde waren unsere Oberarmmuskeln, dann auch wieder froh, das der Spaß zu Ende war.

Mit dem Zug fuhren wir anschließend nach Kochi. In Kochi werden wir in den Flieger nach Kuala Lumpur einsteigen. Aber erst nächste Woche. Wir wollen noch Berge in Indien besteigen. Deshalb saßen wir kurz nach Mittag mit vielen Einheimischen zusammengequetscht im Bus nach Munnar. Nach fünf Stunden Busfahren waren wir froh, dass wir endlich in der Stadt Munnar angekommen sind. Etwas kühl war uns hier heroben über 1.500 Seehöhe. Aber vielleicht auch nur weil die kuschelige Wärme, der anderen Fahrgäste fehlte. Um uns wieder ein wenig aufzuheizen, saßen wir kurze Zeit später an einem Ofen auf dem Dosa, Parota und Chappatti frisch zubereitet werden. Uns rinnt das Wasser im Mund zusammen.

Wandertag Nr. 1

Wir waren zum Wandern hier. Deshalb recherchierten wir im Internet nach geeigneten Wanderwegen. Doch immer wieder stand, dass Wanderer/-innen an den Wegen Schlangen, Affen und wilde Elefanten begegnet sind. So einen wilden indischen Elefanten zu sehen wäre schon nett, aber nicht, wenn dieser sich zum Angriff bereit macht. Da könnten wir noch so fürchterregend und stark aussehen, diesen Kampf würden wir verlieren. Mit den Affen wissen wir zwar seit letzter Woche umzugehen, dennoch bleiben wir lieber außerhalb ihres Wohnbereiches. Und Schlagen brauchen wir erst recht nicht sehen. Wir hatten uns nach langem hin und her, aber dann doch für eine Wanderung im Gebiet der Wildtiere entschieden. Und während der Wanderung gebangt. Die Sicht war aufgrund des Nebels schlecht, es hätte also jeden Moment sein können, dass wir mit dem nächsten Schritt vor einer Elefantenherde stehen. Jedoch beruhigten uns die Geräusche, der großen Baustelle unten an der Straße. Diese war so laut, dass sie sicher alle Elefanten und andere Wildtiere verscheucht hat. Wenn wir eine Wanderung unternehmen freuen wir uns einerseits auf die Herausforderungen beim Aufstieg und andererseits auf den Ausblick von oben. Doch die Sonne konnte sich heute nicht durch die Wolkendecke durchkämpfen. Wir ebenfalls nicht. Weiter wie 2.000 Meter kamen wir nicht. Nicht weil der Berg nicht höher war, sondern weil der Nebel zu dicht war. Bis zu einem umgefallenen Gipfelkreuz kletterten wir und schauten für einige Minuten ins Nebelmeer.

Indischer Tee

Abends saßen wir mit Daniel aus Barcelona, Jack aus London und vier Inder/-innen am Hosteltisch und tauschten unsere Erlebnisse in Indien aus. Spätestens jetzt wissen wir: Der Zug in Mumbai ist nur für resolute Einheimische gebaut. Immer wenn wir unsere „Im-übervollen-Zug“-Geschichte erzählen, lachen uns Inder/-innen aus. Im Nachhinein müssen auch wir über unsere Navität schmuzeln.

Ganz zufrieden waren wir am Vortag mit unserem Wandererlebnis nicht. Deshalb starteten wir am Freitagnachmittag ohne Plan in Richtung Norden und kamen kurze Zeit später nicht mehr aus dem Staunen raus. Grüne Teeplantagen so weit das Auge reicht. Wir liefen weiter und weiter bis uns Regentropfen zum Umdrehen motivierten. Auf unseren Wegen begegneten wir hin und wieder Arbeiterinnen. Sie schneiden die Blätter der Stauden mit einer speziellen Schere ab und sammeln die Blätter in Säcken. Mala, eine Arbeiterin, erzählt uns, dass sie pro Tag 10 Säcke befüllen kann. Uns erscheinen zehn volle Säcke wenig, darum war für uns diese Arbeit noch eindrucksvoller. Außerdem werden wir aufgeklärt. Die Blätter für Schwarz- und Grüntee werden aus der selben Teestaude gewonnen, nur der weiterfolgende Prozess ist unterschiedlich. Markus trinkt sehr, sehr gerne Schwarz- oder Grüntee. Doch hier in Indien schwärmt er vom Chai. Das ist ein Schwarztee gemischt mit Gewürzen und Milch. Er sagt, jeder Chai schmecke ein klitzekleines Stück anders zum vorhergehenden. Doch jedesmal ist es ein Genuss. Nach anfänglichen Bedenken über die hygienischen Bedingungen trinkt er jetzt mindestens 5 Chais pro Tag.

Gipfelstürmer

Wie ihr ja schon wisst, das Essen in Indien schmeckt uns. Wir probieren alles mögliche aus und kommen immer wieder drauf, dass „Das-da“ (das Essen von neben uns sitzende Einheimische) am besten ist. Meistens finden wir in der Umgebung unseres Quartiers ein gutes Restaurant und dieses besuchen wir dann so oft wie möglich. Den ganzen Tag in Restaurants zu sitzen und zu essen, wär aber auch für uns nicht erfüllend. Bewegung gehört zu unserem Reisealltag und Wanderungen genießen wir besonders. Bei der heutigen Tour wanderten wir bei Sonnenschein auf den Gipfel. Oben konnten wir ein wenig Ruhe genießen. Und beim Abstieg war es dann soweit. Eine kleine Schlange schling sich quer über den Weg. Ob sie giftig war, wissen wir nicht. Aber eines war klar: sie hat mehr Angst vor uns, als wir vor ihr.

Busfahren ist etwas für harte Schalen

Am Sonntag fuhren wir von Munnar runter in die Stadt Kochi. Die 160 Kilometer legten wir wieder mit dem öffentlichen Bus zurück. Der Verkehr hier in Indien ist ja auch sehr gewöhnungsbedürftig. Darum wunderte es uns nicht, dass wir bei den hohen Geschwindigkeiten der Auto- sowie Busfahrer und kurvenreichen Straßen einen Zusammenstoß mit einem Auto hatten. Als beide Fahrzeuge still standen, eilten einige Inder herbei und versuchten ihre Sichtweise des Zusammenstoßes zu schildern. Immer mehr Leute mischten sich in die ganze Sache ein. Und nach ca. 20 Minuten fuhren wir aber dann ohne scheinbar gelöste Schuldzuweisung weiter. 

Schon von unserer Fahrt von Munnar nach Kochi wussten wir: die Busfahrt wird kuschelig. Noch kuscheliger, enger und unangenehmer wird sie aber, wenn sich ein unguter Mitfahrer zu uns setzt. Markus saß eingequetscht in der Mitte und versuchte unsere Sitzfläche zu verteidigen. Gefühlt jede weitere Minute verloren wir eine kleines Stück unseres Platzes für unser Sitzfleisch. Aber auch nach direkter Kommunikation mit unserem Sitznachbar beharrt er auf weitere Zentimeter. Wir wissen: In Indien läuft es nunmal anders ab. Das Platzangebot fällt pro Person geringer aus und die lokalen Busse sind oft nicht 2+2 sondern 2+3 bestuhlt.

Von der Busfahrt ausgelaugt kamen wir nachmittags in Fort Kochi an. Fort Kochi ist das Gebiet des Hafen der Stadt, hier war es wesentlich ruhiger wie an manchen anderen Orten Indiens. Die letzten Tage vor unserem Abflug nach Kuala Lumpur, Malaysien, werden wir hier verbringen, Recherchen betreiben und die erlangten Eindrücke von Indien verarbeiten. Stay tuned!

Und hier noch ein Foto von einem ganz gefährlichen Exemplar das wir in der Natur Südindiens gefunden haben – Elefantomarkus.